Der Fall
Der Sohn des Erblassers aus erster Ehe hatte gegen dessen Erben, die zweite Ehefrau des Erblassers sowie deren gemeinsamen Sohn, Pflichtteilsansprüche geltend gemacht. Der Wert einer Mietimmobilie, die der Erblasser seiner zweiten Ehefrau mehr als zehn Jahre vor seinem Tod schenkungsweise übertragen hatte, sei pflichtteilsergänzungsrelevant, entschied das Landgericht Berlin.
Hiergegen legten die Erben Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht ein. Sie vertraten die Ansicht, dass §2325 Abs. 3 Satz 3 BGB verfassungswidrig sei. Nach diesem Paragrafen sind Schenkungen an den Ehegatten immer pflichtteilsergänzungsrelevant. Eine Abschmelzung des Schenkungswertes wie bei Schenkungen an Dritte beginnt erst ab dem Zeitpunkt der Auflösung der Ehe. Eine entsprechende Regelung benachteilige Ehegatten und verstößt somit gegen Art. 6 Abs. 1 GG.
Die Entscheidung
Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen, da sie unbegründet sei. Es liege weder ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 GG vor, noch gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.
„Art. 6 Abs. 1 GG verbietet, Ehe und Familie gegenüber anderen Lebens- und Erziehungsgemeinschaften schlechter zu stellen.“
Für eine Differenzierung zu Lasten Verheirateter müssen sich jedoch aus der Natur des geltenden Lebensverhältnisses einleuchtende Sachgründe ergeben. Solche liegen hier aber gerade nicht vor: „§ 2325 Abs. 3 Satz 3 BGB bewirkt keine verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung von Schenkungen an Ehegatten und Schenkungen an Dritte […] im Rahmen der Pflichtteilsergänzung.“
Bei Schenkungen an Ehegatten besteht typischerweise eine dauerhafte Erwartung der Weiternutzungsmöglichkeit, die bei Schenkungen an nicht eheliche Lebensgefährten, Kinder und Dritte nicht gegeben ist. Der Gesetzgeber hat insofern von seinem rechtmäßigen Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum Gebrauch gemacht. Es ist regelmäßig so, dass der Ehegatte weiterhin durch eine Schenkung (oder unbenannte Zuwendung) an den Nutzungen des Vermögens beteiligt ist.
Die übertragene Vermögensposition ist ihm somit wirtschaftlich nicht vollständig und endgültig entzogen. Ebenfalls im Falle eines Zugewinnausgleichs bei gesetzlichem Güterstand unterfällt die Schenkung oder unbenannte Zuwendung als übertragenes Vermögen dem Zugewinnausgleich.
„§2325 Abs. 3 Satz 3 BGB sorgt [insofern] für einen ausgewogenen Interessenausgleich zwischen dem hinterbliebenen Ehegatten und den sonstigen der Familie des Erblassers zugehörigen Pflichtteilsberechtigten.“
Fazit für den Pflichtteilsberechtigten
Mit dieser Entscheidung stärkt das Bundesverfassungsgericht einmal mehr das Pflichtteilsrecht. Das Gericht wiederholt explizit, „das Pflichtteilsrecht gewährleistet die verfassungsrechtlich geschützte grundsätzlich unentziehbare und bedarfsunabhängige wirtschaftliche Mindestbeteiligung der Kinder des Erblassers an dessen Nachlass.“
Damit ist die unterschiedliche Regelung der Ausschlussfristen des § 2325 Abs. 3 Satz 3 BGB der Ehegatten gegenüber den Kindern bzw. sonstigen Dritten sachlich gerechtfertigt.